Anerkennung medizinischer Abschlüsse in Deutschland
Hürden, Erfahrungen und Reformbedarf



Autor: Max Köhler
Date: 23.05.2025
Lesezeit: 5 Minuten
Zu lange Wartezeiten bei der Approbation für ausländische Ärzte
Laut einer Auswertung des Bundesministeriums für Gesundheit aus dem Jahr 2023 benötigen Approbationsverfahren für Ärzte mit Drittstaatenabschluss durchschnittlich 18 bis 24 Monate, in manchen Fällen sogar bis zu 36 Monate. Eine Studie der Bundesärztekammer zeigte, dass über 60 % der Bewerber den Prozess als „sehr intransparent“ oder „übermäßig langwierig“ empfinden (Quelle: BÄK, Bericht zur Berufsanerkennung 2023). Ein zentrales Problem im Verfahren der Anerkennung medizinischer Abschlüsse in Deutschland ist die erhebliche Verzögerung bei der Approbation für Ärztinnen und Ärzte mit Drittstaatenabschluss. Während Fachkräfte dringend gesucht werden, vergehen zwischen Antragstellung und Rückmeldung oft viele Monate bis Jahre.
Ein konkreter Fall aus Nordrhein-Westfalen zeigt exemplarisch, wie schwerwiegend diese Verzögerungen sind: Obwohl der Antrag vollständig eingereicht wurde und alle Anforderungen erfüllt waren, zog sich die Bearbeitung über drei Jahre hin. Trotz bestandener Fachsprachprüfung und eingereichter Gutachten kam es zu keiner klaren Entscheidung. Solche Fälle führen dazu, dass hochmotivierte Fachkräfte aus Frustration den Prozess abbrechen – ein erheblicher Verlust für das deutsche Gesundheitssystem. Trotz bestandener Fachsprachprüfung und eingereichter Gutachten kam es zu keiner klaren Entscheidung. Solche Fälle führen dazu, dass hochmotivierte Fachkräfte aus Frustration den Prozess abbrechen – ein erheblicher Verlust für das deutsche Gesundheitssystem.
Fachsprachprüfung Arzt: Mangel an Terminen, fehlende Einheitlichkeit
Ein weiteres Nadelöhr ist die Fachsprachprüfung für ausländische Ärzte, die als Voraussetzung für die Approbation dient. Termine sind oft erst nach mehreren Monaten verfügbar, wodurch der Einstieg in die berufliche Tätigkeit unnötig verzögert wird. Hinzu kommt, dass Anforderungen und Prüfungsmodalitäten stark zwischen den Bundesländern variieren.
Einige Prüfstellen agieren effizient, andere wirken willkürlich oder setzen Maßstäbe an, die über das Ziel hinausschießen. Eine standardisierte Fachsprachprüfung bundesweit würde nicht nur die Fairness erhöhen, sondern auch zur Vereinheitlichung der Anerkennung medizinischer Abschlüsse in Deutschland beitragen.
Probleme bei der Gutachtenerstellung: Dauer, Qualität und Kommunikation
Ein Kernproblem ist die Begutachtung medizinischer Qualifikationen, wenn formale Abweichungen zum deutschen Medizinstudium vorliegen. Hier fehlt es an ausreichend qualifizierten Gutachtern, an transparenten Bewertungsmaßstäben und an festen Bearbeitungsfristen.
Viele Betroffene berichten, dass sie monatelang keine Rückmeldung erhalten oder Gutachten von fragwürdiger Qualität ausgestellt werden. Solche Erlebnisse untergraben das Vertrauen in das Verfahren und erschweren die Integration qualifizierter Fachkräfte unnötig. Die Anerkennung medizinischer Abschlüsse in Deutschland muss hier dringend durch klare Standards und transparente Abläufe reformiert werden.
Anerkennungsverfahren: Ungleiche Bedingungen zwischen Bundesländern
Die föderale Struktur führt dazu, dass die Anerkennung medizinischer Abschlüsse in Deutschland je nach Bundesland unterschiedlich organisiert ist. Während einige Landesprüfungsämter innerhalb weniger Monate entscheiden, benötigen andere über ein Jahr. Diese Ungleichheit erzeugt Frustration und beeinträchtigt die Chancengleichheit der Antragsteller.
Bewerber müssen häufig mehrfach umziehen, um ein effizienteres Anerkennungsverfahren zu erhalten – ein unnötiger Aufwand, der wertvolle Zeit und Geld kostet. Einheitliche Regelungen und ein zentralisiertes digitales System könnten diese strukturellen Nachteile beseitigen.
Bürokratische Hürden für Ärzte und Apotheker aus Drittstaaten
Auch bei der Anerkennung medizinischer Abschlüsse in Deutschland für Ärzte und Apotheker zeigen sich erhebliche bürokratische Hürden. Viele Bewerberinnen und Bewerber aus Drittstaaten bringen eine fundierte akademische Ausbildung und mehrjährige Berufserfahrung mit – dennoch werden sie in langwierige, teils undurchsichtige Anerkennungsverfahren verwickelt.
Neben der obligatorischen Fachsprachprüfung müssen viele ausländische Anwärter zusätzlich eine Kenntnisprüfung absolvieren oder an einem Anpassungslehrgang teilnehmen. Diese Anforderungen sind häufig nicht klar begründet und unterscheiden sich stark von Bundesland zu Bundesland. Insbesondere fehlt es an bundesweit einheitlichen Bewertungsmaßstäben sowie an verständlicher Kommunikation seitens der zuständigen Behörden.
Die Dramatik dieser Entwicklung zeigt sich beispielhaft in einer aktuellen Statistik: Seit Beginn des Ukraine-Kriegs haben 1.674 geflüchtete ukrainische Ärzte in Deutschland Approbationsanträge gestellt. Doch laut einem Bericht der Welt am Sonntag wurden lediglich 187 Anträge bewilligt, während 1.402 Anträge noch unbearbeitet sind. Das entspricht mehr als 83 % der Anträge, die ohne Entscheidung bleiben – teils über viele Monate oder Jahre hinweg (Quelle).
Diese Zahlen untermauern, dass nicht nur die Anforderungen selbst, sondern auch die Bearbeitungsdauer ein gravierendes Problem darstellen. Wer unter diesen Bedingungen Monate oder gar Jahre auf eine Rückmeldung warten muss, verliert nicht selten die Motivation – oder verlässt Deutschland wieder. Ein solches Verfahren ist nicht nur ineffizient, sondern steht auch im Widerspruch zum erklärten Ziel, dringend benötigte medizinische Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.

Eine Umfrage der „Welt am Sonntag“ ergab, dass seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mindestens 1.674 geflüchtete ukrainische Ärzte einen Antrag auf Approbation in Deutschland gestellt haben. Davon wurden lediglich 187 Anträge bewilligt, während 1.402 Anträge noch in Bearbeitung sind.
Lösungsvorschläge: Digitalisierung, Fristen, finanzielle Förderung
Um die Anerkennung medizinischer Abschlüsse in Deutschland zukunftsfähig zu gestalten, sind verschiedene Maßnahmen notwendig:
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Digitale Verfahren: Einführung eines durchgängig digitalisierten Antragsprozesses mit Online-Statusverfolgung, Upload-Funktion und direkter Kommunikation mit Sachbearbeitern.
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KI-gestützte Vorprüfung: Eine automatisierte Vorprüfung der Unterlagen könnte die Bearbeitungszeit verkürzen und den Gutachtern standardisierte Vorlagen liefern.
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Verbindliche Bearbeitungsfristen: Die Prüfung der Unterlagen sollte innerhalb von zwei Wochen erfolgen, die Terminvergabe zur Fachsprachprüfung innerhalb eines Monats. Gutachten müssen spätestens nach drei Monaten vorliegen.
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Qualitätsstandards für Gutachter: Einführung bundesweiter Leitlinien zur Gutachtenerstellung, Schulungen und Vergütungsmodelle mit Anreiz für termingerechte Bearbeitung.
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Finanzielle Unterstützung: Ärzte mit Berufserlaubnis sollten eine Übergangsfinanzierung von mindestens 5.800 Euro erhalten, um Lebensunterhalt und Vorbereitung auf Prüfungen zu sichern.
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Zentrale Plattform: Eine nationale Koordinierungsstelle könnte die Verfahren bündeln, beschleunigen und vereinheitlichen.
Appell an Politik und Behörden
Deutschland braucht dringend qualifizierte medizinische Fachkräfte. Damit der Zugang für ausländische Ärztinnen, Ärzte und Apotheker nicht an bürokratischen Hindernissen scheitert, muss die Anerkennung medizinischer Abschlüsse in Deutschland dringend reformiert werden. Ein modernes Gesundheitswesen benötigt effiziente und gerechte Anerkennungsverfahren, die den tatsächlichen Bedarf widerspiegeln.
Wir appellieren an das Bundesministerium für Gesundheit, die Approbationsbehörden der Länder, Ärztekammern und Apothekerkammern: Machen Sie die Anerkennung medizinischer Abschlüsse in Deutschland zu einem transparenten, planbaren und fairen Verfahren. Nutzen Sie Digitalisierung, setzen Sie Fristen und gestalten Sie die Abläufe menschlich. Denn hinter jedem Antrag steht ein Mensch – und oft ein dringend benötigter Arzt oder Apotheker.